Monday, October 27, 2003

Sicherheitsbeamte

Nach den IT- und Pfützengeschichten, kommt heute das Sicherheitspersonal dran.
Wenn jemand ein Sicherheitsunternehmen aufmachen möchte, so tue er es besser nicht in Uganda. Ich weiß zwar nicht, wieviele es davon hier exakt gibt, aber ich habe das Gefühl, daß es auf der Straße nur Kleinbusse (matatus), Motorroller, Jeeps von internationalen Hilfsorganisationen und eben diese Pick-ups der Sicherheitsunternehmen gibt. Diese Wagen haben auch alle Blau- oder sonstige farbige Lichter auf dem Dach, die sie aber glücklicherweise nicht allzu häufig benutzen. Da die für mich auch alle gleich aussehen, habe ich auch immer noch nicht herausgefunden, wie die Polizei hier aussieht. Die Traffic Police ist eindeutig dunkelblau, trägt keine Waffen nur einen Block für die Knöllchen…

Und wenn die Sicherheitsbeamten nicht fahren, laufen sie hier in ihren kunterbunten militärischen Ver… äh Bekleidung herum. Und alle sind sie bewaffnet, vermutlich bis an die Zähne. Das kann man ja bei der Verkleidung gar nicht alles erkennen. Ich habe ja von den Waffen ja gar keine Ahnung - mich wollte man beim Bund ja nicht - daher habe ich mich die ersten Tage schon ziemlich respektvoll den Herrschaften mit Waffen gegenüber verhalten. Aber mein Kollege hat mich dann kürzlich über die Funktionalität der Dinger aufgeklärt. Die meisten seien - so seine Einschätzung als ehemeliger Berufsoffizier der international erfahrenen Bundeswehr (ich sage nur "wir verteidigen auch am Hindukusch") - höchstens als Schlagstock zu gebrauchen. Nicht daß mein Respekt durch diese neue Erkenntnis gesunken wäre, nein, nein, die laufen und fahren ja immer im Rudel umher.

Aber eigentlich bräuchte ich keinen Respekt haben. Denn, wen oder was die bewachen, ist mir bisher verborgen geblieben. Die stehen einfach überall herum, wo mit Geld umgegangen wird, also auch im Supermarkt und in der Zentralbank. Morgens leere ich daher immer brav alle meine Taschen, wenn ich in die Bank gehe. Uwe rennt meistens durch und läßt den Metalldetektor piepen, und keinen der Wachleute stört das. Am Samstag war ich beim Treffen der Entwicklungshelfer im Nationaltheater. Neunzig Prozent Weiße und der Rest Regierungsmitglieder. Das Stück war ganz nett. Wobei die willkürlich eingschobene Episode mit der Kritik an den Gehältern der Entwicklungshelfer (min. 250 USD pro Tag) 1. bestimmt nicht im Original von Dario Fos "Can't pay, won't pay" steht und 2. aus dem Mund von den weißen laienschaupielernden Beratern nicht unbedingt überzeugend hervorgebracht wurde. Am ganzen Stück hatte kein Ugander mitgearbeitet! Das war mir schon ein wenig suspekt. Aber ich gleite ab. Zurück zum Sicherheitscheck im Theater.

Ich stolziere schnurstracks durch den Eingang zur Theke, um mir eine Falsche Wasser zu kaufen, und werde abrupt von einem Wachmann mit so einem Metalldetektor gestoppt. Er fährt an meinem Körper entlang und prompt piepst das Ding los. Ich leere meine Taschen und ziehe als erstes - wie könnte es anders sein - mein Taschenmesser hervor. Bevor ich auch nur ansatzweise rot werden konnte, winkt der Typ mich weiter... Warum nur? Meine Sitznachbarin war die stellvertretende Irgendwas-Ministerin, ich hätte sonstwas machen können. Seit dem Mittagessen heute weiß ich wo der Staatspräsident wohnt, vielleicht sollte ich den Mal besuchen?

Das Ganze hat übrigens System. Die fünf Wachleute vor der Tür unseres Apartment erschrecken sich eher, wenn wir sie passieren. Erst zweimal wurden Uwe und ich irgendwo nicht durchgelassen. Am Unabhängigkeitstag, als der Präsident auf einem Feld seine Soldaten mit einer grottenschlechten Rede quälte und letzte Woche Freitag, als die Straße am Nile-Hotel vorbei zu unserem Apartment wegen so einer Konferenz der Staatschef der ostafrikanischen Staaten gesperrt war - wobei das nicht ganz zählt, der Ugander vor uns wurde nicht durchgelassen, und wir haben es nicht weiter versucht. In der Nacht, als wir von unserem Dienst-Abschluß-Bier (DAB) mit unserem ugandischen Kollegen zurück gingen, ließ man uns dann nämlich anstandslos passieren. Uwe konnte mich glücklicherweise davon abhalten, eine Grundsatzdiskussion mit dem Soldaten anzufangen. Ich fand das nämlich total diskriminierend, daß ich da so einfach durchmarschieren durfte. Zum Trotz habe ich dann unweit des Postens gegen die Mauer des Hotels uriniert.

Fazit: Als erfolgreicher Terrorist muß man hier weiß sein, um zur Achse des Bösen zu gehören. Wobei meine These den Amerikanern nicht ganz passen würde. Im East African Standard vom Freitag ist ein Bild von Collin Powell mit dem kenianischen Präsidenten abgebildet, wobei Herr Powell relativ weiß aussieht, darunter die Unterschrift:"This pair is classified in the West as Blacks". (http://www.eastandard.net/saturday.madd/)

Einen Geschäftstip habe ich doch noch: Diese schönen bunten Uniformen werden permanent gebraucht. Da könnte man einsteigen. Dank Uwes Fackkenntnissen weiß ich nun auch, daß nicht illegal ist, und ich weiß, daß die bewaffneten Uniformierten mit den blauen Blauhelm-Käppis nicht auf UN-Mission auf den Straßen Kampalas unterwegs sind, sondern daß der Fabrikant der himmelblauen Kopfbedeckung nicht nur die UN mit den Dingern beliefert sondern auch ugandische mittelständische Dienstleistungsunternehmen.

Muß ich noch explizit erwähnen, daß der Verteidigungshaushalt jedes Jahr wächst und natürlich den größten Haushaltsposten darstellt? Einige internationale Hilfsorganisationen sponsorn jährlich (gleichzeitig!) in Millionenhöhe das ugandische Verteidigungsministerium, damit das untersuchen kann, wo sie Geld sparen könnten.

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