Monday, October 27, 2003

Sicherheitsbeamte

Nach den IT- und Pfützengeschichten, kommt heute das Sicherheitspersonal dran.
Wenn jemand ein Sicherheitsunternehmen aufmachen möchte, so tue er es besser nicht in Uganda. Ich weiß zwar nicht, wieviele es davon hier exakt gibt, aber ich habe das Gefühl, daß es auf der Straße nur Kleinbusse (matatus), Motorroller, Jeeps von internationalen Hilfsorganisationen und eben diese Pick-ups der Sicherheitsunternehmen gibt. Diese Wagen haben auch alle Blau- oder sonstige farbige Lichter auf dem Dach, die sie aber glücklicherweise nicht allzu häufig benutzen. Da die für mich auch alle gleich aussehen, habe ich auch immer noch nicht herausgefunden, wie die Polizei hier aussieht. Die Traffic Police ist eindeutig dunkelblau, trägt keine Waffen nur einen Block für die Knöllchen…

Und wenn die Sicherheitsbeamten nicht fahren, laufen sie hier in ihren kunterbunten militärischen Ver… äh Bekleidung herum. Und alle sind sie bewaffnet, vermutlich bis an die Zähne. Das kann man ja bei der Verkleidung gar nicht alles erkennen. Ich habe ja von den Waffen ja gar keine Ahnung - mich wollte man beim Bund ja nicht - daher habe ich mich die ersten Tage schon ziemlich respektvoll den Herrschaften mit Waffen gegenüber verhalten. Aber mein Kollege hat mich dann kürzlich über die Funktionalität der Dinger aufgeklärt. Die meisten seien - so seine Einschätzung als ehemeliger Berufsoffizier der international erfahrenen Bundeswehr (ich sage nur "wir verteidigen auch am Hindukusch") - höchstens als Schlagstock zu gebrauchen. Nicht daß mein Respekt durch diese neue Erkenntnis gesunken wäre, nein, nein, die laufen und fahren ja immer im Rudel umher.

Aber eigentlich bräuchte ich keinen Respekt haben. Denn, wen oder was die bewachen, ist mir bisher verborgen geblieben. Die stehen einfach überall herum, wo mit Geld umgegangen wird, also auch im Supermarkt und in der Zentralbank. Morgens leere ich daher immer brav alle meine Taschen, wenn ich in die Bank gehe. Uwe rennt meistens durch und läßt den Metalldetektor piepen, und keinen der Wachleute stört das. Am Samstag war ich beim Treffen der Entwicklungshelfer im Nationaltheater. Neunzig Prozent Weiße und der Rest Regierungsmitglieder. Das Stück war ganz nett. Wobei die willkürlich eingschobene Episode mit der Kritik an den Gehältern der Entwicklungshelfer (min. 250 USD pro Tag) 1. bestimmt nicht im Original von Dario Fos "Can't pay, won't pay" steht und 2. aus dem Mund von den weißen laienschaupielernden Beratern nicht unbedingt überzeugend hervorgebracht wurde. Am ganzen Stück hatte kein Ugander mitgearbeitet! Das war mir schon ein wenig suspekt. Aber ich gleite ab. Zurück zum Sicherheitscheck im Theater.

Ich stolziere schnurstracks durch den Eingang zur Theke, um mir eine Falsche Wasser zu kaufen, und werde abrupt von einem Wachmann mit so einem Metalldetektor gestoppt. Er fährt an meinem Körper entlang und prompt piepst das Ding los. Ich leere meine Taschen und ziehe als erstes - wie könnte es anders sein - mein Taschenmesser hervor. Bevor ich auch nur ansatzweise rot werden konnte, winkt der Typ mich weiter... Warum nur? Meine Sitznachbarin war die stellvertretende Irgendwas-Ministerin, ich hätte sonstwas machen können. Seit dem Mittagessen heute weiß ich wo der Staatspräsident wohnt, vielleicht sollte ich den Mal besuchen?

Das Ganze hat übrigens System. Die fünf Wachleute vor der Tür unseres Apartment erschrecken sich eher, wenn wir sie passieren. Erst zweimal wurden Uwe und ich irgendwo nicht durchgelassen. Am Unabhängigkeitstag, als der Präsident auf einem Feld seine Soldaten mit einer grottenschlechten Rede quälte und letzte Woche Freitag, als die Straße am Nile-Hotel vorbei zu unserem Apartment wegen so einer Konferenz der Staatschef der ostafrikanischen Staaten gesperrt war - wobei das nicht ganz zählt, der Ugander vor uns wurde nicht durchgelassen, und wir haben es nicht weiter versucht. In der Nacht, als wir von unserem Dienst-Abschluß-Bier (DAB) mit unserem ugandischen Kollegen zurück gingen, ließ man uns dann nämlich anstandslos passieren. Uwe konnte mich glücklicherweise davon abhalten, eine Grundsatzdiskussion mit dem Soldaten anzufangen. Ich fand das nämlich total diskriminierend, daß ich da so einfach durchmarschieren durfte. Zum Trotz habe ich dann unweit des Postens gegen die Mauer des Hotels uriniert.

Fazit: Als erfolgreicher Terrorist muß man hier weiß sein, um zur Achse des Bösen zu gehören. Wobei meine These den Amerikanern nicht ganz passen würde. Im East African Standard vom Freitag ist ein Bild von Collin Powell mit dem kenianischen Präsidenten abgebildet, wobei Herr Powell relativ weiß aussieht, darunter die Unterschrift:"This pair is classified in the West as Blacks". (http://www.eastandard.net/saturday.madd/)

Einen Geschäftstip habe ich doch noch: Diese schönen bunten Uniformen werden permanent gebraucht. Da könnte man einsteigen. Dank Uwes Fackkenntnissen weiß ich nun auch, daß nicht illegal ist, und ich weiß, daß die bewaffneten Uniformierten mit den blauen Blauhelm-Käppis nicht auf UN-Mission auf den Straßen Kampalas unterwegs sind, sondern daß der Fabrikant der himmelblauen Kopfbedeckung nicht nur die UN mit den Dingern beliefert sondern auch ugandische mittelständische Dienstleistungsunternehmen.

Muß ich noch explizit erwähnen, daß der Verteidigungshaushalt jedes Jahr wächst und natürlich den größten Haushaltsposten darstellt? Einige internationale Hilfsorganisationen sponsorn jährlich (gleichzeitig!) in Millionenhöhe das ugandische Verteidigungsministerium, damit das untersuchen kann, wo sie Geld sparen könnten.

Friday, October 17, 2003

Pfützen und ugandische IT Experten

Da haben Uwe und ich extra gewartet, bis der Dauerregen endlich aufhörte, bevor wir ins Büro gingen, und was passiert 50m vor der Bank? Genau! So ein scheißbeschissener* Kleinbustaxifahrer fährt durch die mit Abstand allergrößte Pfütze, die es weit und breit gab. Die meterhohe Wasserwand, die mit ungebremster Wucht auf uns herabstürzte war natürlich keine aus purem ostafrikanischen Quellwasser - NEIN, natürlich nicht. Eine schöne braune Flüssigkeit durchtränkt mit den ungefilterten Abgasen, den Ölrückstanden und all den anderen Schadstoffen, die man hier tagtäglich in die Luft jagt bzw. auf die Straßen tropfen läßt.

Mein Gott, ist das ätzend in einer nassen Hose vorm Laptop zu sitzen. Mein Kollege zieht es vor, im Stehen zu arbeiten… Ich habe erstmal mein allerliebstes Hemd im Waschraum gewaschen und getrocknet. So sieht man wenigstens nichts oberhalb meines Schreibtisches. Die Banker hier achten streng auf einwandfreie Kleidung. Es gibt eine mehrseitige Arbeitsanweisung dazu. Ich muß mein Hemd immer vor Betreten des Bankgrundstücks schließen und die Krawatte gerade rücken, um nicht mit herablassenden Blicken von den Kolleginnen und Kollegen gestraft zu werden - all very British… tja gut nur, daß das Essen nicht zu britisch geblieben ist.

Wenn ich schon einmal dabei bin. IT-Support in der Bank of Uganda.Es gibt wohl wenig Inkompetenteres als diese Truppe Itler, die sich hier vornehm Management Information Support nennen. Vielleicht mag es daran liegen, daß zumindest ich kein Manager bin, aber viel mehr Ahnung als ich haben die nicht. Gestern kam unser Durcker (HP Laserjet1300n, falls es jemanden interessiert), den wir als Netzwerkdrucker anschließen wollten. Um die Geschichte kurz zu machen: Die Dame kommt, sieht den Drucker, der von uns noch nicht angeschlossen war und meint:"Das geht nicht, den könnt Ihr hier nicht anschließen, Ihr müßt den lokal installieren." Dann machten wir sie darauf aufmerksam, daß man das nicht mit dem seriellen Kabel machen könne, das sie dabei hatte, sondern daß wir entweder ein USB Kabel (plus der Bequemlichkeit wegen einen USB Hub) oder ein Netzwerkkabel bis zum Hub bräuchten. Eine MIS-Experten sollte das kapieren. Tat sie aber nicht. Sie zug ab und ließ uns mit dem parallelen Druckerkabel alleine. Uwe holte dann sein privates LAN-Kabel aus der Tasche und nach einigen Versuchen und Hilfe aus Frankfurt fand auch ich mit meinem Windows XP den Drucker (Warum mich XP einen Netzwerkdrucker über die lokale Druckerzuordnung installieren ließ, weiß vermutlich auch nur Mr. Gates.).

Am späten Nachmittag kam die gute Dame dann wieder einmal vorbei und zwar - zu unserer großen Überraschung - mit einem LAN-Kabel. Sie fing dann gleich wieder an zu erklären, daß wir leider nicht mit dem Drucker drucken könnten, sondern daß sie diesen mitnehmen müsse, um ihn oben (in ihrem Büro) neu zu konfigurieren… Ich konnte mir es nicht verkneifen, in dem Moment als sie uns das erklärte, eine Seite auszudrucken ;-) Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, verstand sie Welt nicht mehr, aber wirklich beirren ließ sie sich nicht. Sie fragte dann auch, ob wir etwas drucken könnten - Uwe und ich konnten uns das Lachen nur schwer verkneifen. Wir bejahten brav ihre Frage und dann ging sie wirklich das Kabel vom Drucker ab…

So, soviel zu dieser Woche. Ich habe im Büro viel gelesen, weil wir mit dem Projekt nicht wirklich starten konnten. Die IT-Abteilung will uns komischerweise keine Ressourcen zur Verfügung stellen, um eine bankweite Datenbank aufzubauen, mit denen alle Bankmeldungen systematisch erfaßt werden könnten. Schade. In der nächsten Woche ist hier das Kick-Off- Meeting, daher werden Uwe und ich heute einen netten Tag mit meinem geliebten Powerpoint verbringen. Wie bringe ich einem IT'ler bei, daß man ansprechende Folien machen kann?

Das Hemd und die Hose sind immer noch nicht trockener… Ich dachte immer, Afrika sei heiß. Nichts da. Ich habe heute morgen ernsthaft gefroren. Also zumindest bis der Trottel mit seinem Minibustaxi durch die Megapfütze fuhr. Alle anderen Autos haben jedes Mal einen Bogen um die Pfützen gemacht, warum der Typ nicht. MIST. Thank God, it's Friday!

Bis demnächst
TORSTEN
*= Bitte entschuldigt meine derbe Ausdruckform, aber ich wußte nicht, wie ich ein Piepsen á la Jerry Springer-Show einbauen konnte.

Tuesday, October 14, 2003

Erster Bericht

Was ich gestern der Email voranstellen wollte, ist schon wieder überholt, ich habe einfach keinen Kontakt zur Außenwelt: „Den heutigen Feiertag in Uganda (Donnerstag, 9.10.2003, 41. Unabhängigkeitstag) will ich nutzen, endlich meinen Zwischenbericht abzuliefern. Ich hoffe, daß ich nun endlich morgen meinen Internetanschluß bekomme, der funktioniert... Ansonsten wird der Bericht noch länger ;-)“

Das war meine dritte Einleitung, nun die vierte:

Also mittlerweile kann ich aus dem Bericht ein Tagebuch machen. Auch heute hat die IT-Abteilung es nicht hinbekommen, meinen nagelneuen GTZ-Laptop an ein Netzwerk bzw. das Internet anzuschließen. Ein Umstand, den eigentlich niemand wirklich versteht. Aber es scheint wohl so zu sein, daß Windows XP sich nicht immer problemlos an ein LAN anschließen läßt. Wie dem auch sei, ich schreibe einfach so lange weiter, bis ich diesen Text einmal versenden kann ;-)

Tag 0
Die Anreise fing super an: Die Dame beim Einchecken schenkte mir zwanzig Kilo Übergepäck! Alles für ein wenig Höflichkeit und ein freundliches Lächeln ;-) Leider wurde es dann beim Flug ätzend. Der Pilot nahm jedes Luftloch mit, und die Kabinencrew durfte unser Essen nicht abräumen. Das machte das Schlafen auch nicht angenehmer. Zudem gingen auch noch beide Kammern meines Nackenkissens kaputt!

Auf den achtstündigen Aufenthalt in Dubai hätte ich gerne verzichtet. Wr kamen um 6:30 Uhr Ortszeit an und es war schon brüllend heiß. Uwe, ehemaliger Bundeswehroffizier, Einzelkämpfer und mein Projektleiter, kam auf die wunderbare Idee, die Sehenwürdigkeiten abzugehen... Eine denkbar schlechte Idee bei dem Klima, ohne Frühstück und zu der Uhrzeit. Als wir beide total durchnäßt und erschöpft ein Einkaufzentrum sahen, haben wir das dann anstelle der Sehenwürdigkeiten angesehen. Und das Frühstück tat mir auch sehr wohl. Hätte ich nich sowieso schon soviel Gepäck dabei gehabt, hätte ich stundenlang dort einkaufen gehen kännen. Aber 1. hatte ich wirklich keinen Platz mehr und 2. keine Zeit.

Wieder am Flughafen in Dubai angekommen haben wir den weltberühmten Duty Free-Shop in einer halben Stunde durchlaufen und festgestellt, daß der keinen Besuch wert ist, da alles viel zu teuer war. Da war das Einkaufszentrum viel günstiger. Der Flug nach Uganda startete mit einer Stunde Verspätung und war auch nicht besser als der erste Flug, hinzu kam noch ein kleiner Zwischenstop in Nairobi. Schließlich kamen wir aber auch in Entebbe an.

Am Flughafen folgte ich einfach Uwe, der erstmal an allen Kontrollstellen ungehindert vorbeiging. Nur die Einreisemeldestelle haben wir wegen des Visums aufgesucht – aber auch nur, weil wir sonst keine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung erhalten würden. Somit standen wir dreißig Minuten nach unserer Ankunft mit unserem kompletten Flugepäck vorm Flughafen – Nur unser Fahrer war nicht da... Nach einigen Telefonaten kam er dann doch noch nach vierzig Minuten. Bis dahin hatte ich dann die ersten Erfahrungen mit den Ugandern an sich gemacht: Alles sehr freundliche Menschen, die auf einen zukommen und gerne Lachen. Ob ich mich aber an das angegafft zu werden gewöhnen werde, weiß ich nicht.

Die Fahrt zu unserem Apartment war irgendwie abenteuerlich. Trotz der Dunkelheit liefen nachts um 23:00 Uhr noch super viele Personen an der Straße entlang und in den Ortschaften, die wir passierten, war noch reges Treiben. Mittlerweile weiß ich auch, daß die vielen rotbeleuchteten Gebäude an der Straße Entebbe-Kampala, die gleiche Funktion haben wie in Deutschland und daß das Sax-Hotel keine Andeutung auf die Sachsen ist, sondern nur den Zweck des Hotels nicht allzu offensichtlich sein soll. Unser Apartment fand ich in der Dunkelheit übel...

Tag 1
Mittlerweile hat sich meine Meinung geändert. Es ist toll hier. Es ist hell, es liegt ziemlich zentral, es ist sauber, ich sah bisher noch keine Kakerlaken o.ä. und am Wochenende werde ich den Pool und das Fitnesscenter ansehen (bisher war ich abends immer kaputt). Im Haus ist da Büro der International Labour Organizatin (ILO) und eine Art medizinischer Notfalldienst untergebracht. Nebenan ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ein paar Minuten Fußweg entfernt liegt das neueste Einkaufszentrum (Garden City) mit einem sehr gut sortierten Supermarkt. Alles in allem ziemlich angenehm.

Wie bereits oben angedeutet funktioniert der Kontakt zur großen weiten Welt per Internet leider nicht so wie erwartet. Uwes hat nur zeitweise einen Internetzugang, mein Laptop, den die GTZ für mich kaufen sollte, ist erst in zwei Wochen da und das Gerät, das ich leihweise von der GTZ habe, ist so komisch konfiguriert, das weder die IT der Bank of Uganda noch Uwe das Ding an das Netz angeschlossen bekommen. Also kommunizieren Uwe und ich über meinen USB-Memory Stick ;-)

Zur Vorbereitung auf meinen Einsatz in einem Entwicklungsland habe ich mir „Despite Good Intentions- Why Development Assistance to the Third World has failed“ gekauft. Das hätte ich gar nicht anfangen müsse zu lesen – Ich brauche nur die Augen aufmachen. Hier fahren haufenweise weiße Mitsubishi oder Toyota mit den Logoi der bekannten internationalen Organisationen herum. Naja, egal. Wir kamen hochmotiviert am Montagmorgen ins Büro, und es kamen dann permanent Mitarbeiter der Zentralbank zu uns ins Büro und begrüßten uns. Sie freuten sich alle, daß wir nun endlich da sind, da unser Projekt im Gegensatz zu vielen anderen wirklich eine Idee des „Oberbankenaufsehers“ war und die Schweden noch Geld übrig hatte, und es nun in uns investieren.

Die Begrüßung der GTZ war da eher das Gegenteil. Das lag aber z.T. wohl auch daran, daß Anfang der Woche auch die Schweden (SIDA) zu Verhandlungen da waren. Die GTZ und die SIDA kooperieren in dem Finanzsektorentwicklungsprogramm (in dem wir formal unter der GTZ eingegliedert sind), wobei die Schweden nur Geld geben und die GTZ Geld und Personal bereitstellen. Daher mußten wir dann auch gleich in ein Meeting und uns vorstellen. Sowas Unkoordiniertes und Überflüssiges habe ich noch nicht gesehen. Soviel ich bin o.k., du bist o.k., alles wird wird gut und interkulturelles blabla...

Tag 2
Da uns noch niemand offiziell unseren Partnern vorgestellt hat, haben wir eingeständig Kontakte mit den für uns wichtigen Personen aufgebaut – das paßte der GTZ gar nicht, weil wir keine offiziellen Einladungen verschickt hätten und wir somit keine interkulturelle Kompentenz gezeigt hätten. Der Ugander an sich sei langsam und müsse von seinem Vorgesetzten zur Projektarbeit eingeteilt werden.

Unsere ugandischen Kollegen konnten das alles übrigens auch nicht ganz nachvollziehen. Wie könne es sein, daß wir keinen Laptop, keinen Email- und Internetzugang hätten? Tja... und dieses Hierarchiegetue sei total überflüssig und wieder einmal typisch GTZ und überhaupt hätten die Vorgesetzten schon vor Monaten unsere Ansprechpartner in der Zentralbank ernannt.

Uns wird auch immer wieder gesagt, wie wichtig es sei, die Besonderheiten der ugandischen Arbeitsweise zu respektieren... Die muß meinen, wir beiden seinen die Trappeltiere par excellence.

Tag 4
Ach ja, unsere Luftfracht mit unseren Klamotten kam übrigens erst gestern an. Man war vier Tage lang nicht in der Lage, die Sachen vom Flughafen abzuholen, obwohl wir permanent nachgefagt hatten. Jetzt sind die Sachen ja da. Alle Kartons waren geöffnet, nichts fehlt, aber mein neues Moskitonetz hat nun Löcher. Das brauche ich hier im Apartment aber auch nicht. Wir sind hoch genug gelegen.

Heute haben wir dann die Stadt per pedes erkundet. Erst zum Independence Park, da dort Präsident Museveni eine Ansprache hielt. Doch da ich einen Photoapparat dabei hatte, kamen wir nicht auf das Feld. Also gingen wir um den Platz herum, aber jedesmal wenn ich zu nah an den Zaun kam, wurde ich relativ freundlich und direkt von den Soldaten bzw. Wachleuten gebeten, nicht zu photographieren – die Schwarzen wurden übrigens gleich weggeprügelt! Eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit, über die ich mich den ganzen Tag aufgeregt habe. Ich gebe zu, daß ich an der Stelle, wo der debile Präsident relativ nah war, extra mit meiner Kamera umherwedelte. Doch auch da wurde ich – im Gegensatz zu den Ugandern – freundlich weggebeten. Auch den Golfplatz, über den wir unseren Weg abkürzten, weil es anfing zu regnen, konnten wir unbehelligt gehen, die Schwarzen wurden von den bewaffneten Wächtern grob weggescheucht.

Die Sicherheitsbranche scheint hier eine boomende zu sein. Es gibt hier überall Wächter mit Waffen, die mich ängstigen. Doch mein Experte Uwe meint, die wenigtsten seinen funktionsfähig. Und – das ist erschreckend – als Weißer ist es fast egal, was man macht. In das Einkaufzentrum „Garden City“ wir am Eingang streng selektiert. Die lassen nicht jeden rein. Ugander, die mit dem Auto kommen, dürfen passieren, Fußgänger werden abgewiesen – außer Weiße. Ich marschiere da zu Fuß mit meinem Rucksack hin, um Wasser zu kaufen (1,5l. 31 Euro Cent).

Na ja, was gab es heute noch? Wir waren beim alten Fort, in einer „normalen“ Wohngegend, auf einem großen Markt, beim Parlament, dem Theater und der Subway-Station. Genau ;-) Bei der Subway-Station. Der Präsident dachte sich nämlich vor einigen Jahren, daß sich bestimmt eine Geberorganisation finden lasse, die ihm eine Untergrundbahn finanziert. Also fing er munter an, vor dem Theater und dem Parlament eine erste Station der Untergrundbahn zu bauen. Doch es fand sich – zu meiner Überraschun – keine Organsation, die diese Spinnerei finanzieren wollte. Nun ist die Station eine Imbißbude.

Zu den Gerüchten noch etwas: Die Geschichte mit den Löchern auf der Straße und den wenigen Gehwegen stimmt leider. Die sind mannstief und sind plötzlich da. Trotzdem gehen wir täglich nur zu Fuß. Die Taxifahrer verstehen das zwar nicht ganz, aber dafür sitzen wir nicht nur im Büro. Zu den Gefahren, die als Mann auf einen lauern: Da wir noch nicht abends aus waren, weiß ich nicht, ob die Gerüchte stimmen. Auf unseren abendlichen Rückweg vom Büro werden wir zwar manchmal von Damen gefragt, wie es uns gehe. Da das aber irgendwie üblich ist,daß die Ugander sich andauernd mit einem „How are you?“ nach dem werten Befinden erkundigen,weiß ich nicht, ob damit das Gerücht belegt ist.

Tag 5
Meine erste Erkenntnis beim Rasieren: Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 vorm Spaziergang, Apres-Sun nach dem Spaziergang und Nivea am Abend, helfen nicht wirklich gegen einen Sonnenbrand. Super. Wurde auch prompt von unseren ugandischen Kollegen lachend darauf angesprochen ;-)

Mein GTZ-Laptop war heute wieder den ganzen Tag bei den Itlern der Bank of Uganda. Das hieß, ich durfte wieder den ganzen Tag lesen. Mittlerweile kenne ich die relevanten IWF-Berichte in- und auswendig, daher fühlte ich mich bereit für eine erste Kontaktaufnahme mit der Dame vom IWF. Eine resolute ältere Phillipina. Sehr nett, sehr hilfsbereit, sehr an unserem Projekt interessiert. Das waren angenehme und abwechslungsreiche zwei Stunden mit ihr. Hinzu kam noch ein erquickendes erstes Projektmeeting. Das Team gefällt mir. Dummerweise habe ich zwei „harte Brocken“ als Ansprechpartner. Ich frage mich immer häufiger, warum wir überhaupt da sind, die sind so gut drauf, die Jungs, die könnten meinen Teil eigentlich selber machen. Aber eben nicht den IT-Teil und dafür bereite ich ja erstmal nur die Datengrundlage vor.

Nach dem Projektmeeting lud der Programmdirektor der GTZ Uwe und mich spontan zum Essen ein: Treffpunkt 19:00 Uhr im Rock Garden des Speke Hotels. Da der Name anscheinend allen in Frankfurt ein Begriff war, wurde ich zunächst telefonisch und dann noch einmal sehr eindringlich persönlich von Uwe darauf hingewiesen, daß ich bitte sauber und HIV negativ bleiben möge. Jaja..., dachte ich naiverweise bis 19:15 Uhr. Aber dann!

Uwe und ich waren überpünktlich und tranken zunächst Wasser, und erst als unser ugandische Chef kam, bestellten wir alle Bier und nach kurzer Zeit kamen die ersten drei Damen. Ich mache es kurz, weil es einfach nur nervte. Wir gingen um 21:00 Uhr und waren zum Schluß im wahrsten Sinne des Wortes eingezingelt von acht Damen, die im Kreis um unseren Tisch saßen und mich permanent begrapschten. Als die letzten drei fragten, ob sie sich dazu setzen dürften, fragte ich nur noch, ob ich der einzige sei, der nicht zu der Party geladen sei... Es war einfach nur noch lästig. Ich bat dann eindringlich darum, zum Essen woanders hinzugehen. (Das Nile Beer schmeckt übrigens ziemlich gut, ist aber ein Starkbier mit 5,5Vol%, daher beließ ich es bei einem).

Das Loswerden der Damen erwies sich dann als ziemlich kompliziert. Der Programmdirektor schob es darauf, daß ich als „Frischfleisch“ im Anzug mit Krawatte besonder begehrt sei. Die eine wollte auch partout nicht locker lassen, obwohl ich ziemlich eindeutig sagte, daß ich meine Ruhe haben wolle. Schließlich fuhren wir in eine andere Gegend der Stadt (Kololo).
Dort gab es einige nette Restaurants, eine Sportsbar („Just Kicking“) und drei Supermärkte. Das eine Restaurant und die Sportsbar waren mit circa 80% Weißen (hauptsächlich Engländern) bevölkert, da es irgendein – für Engländer interessantes – Sportevent im Satelittenfernsehen gab. Besoffene Engländer an sich sind ja nervig, aber da es dort keine Frauenangriffe mehr gab, gefiel es mir ausgesprochen gut. Ich hätte das in Deutschland nie zu sagen gewagt, aber da in dem anderen Laden waren einfach viel zu viele belästigende Frauen gewesen.

Schade nur, daß wir vor Mitternacht zu Hause waren. Ich hätte gerne eine Runde geschmissen (bei den Preisen sogar zwei), aber unser hiesige Chef erhielt einige Anrufe und SMS. Also war nichts mit spontaner Geburtstagsfeier...

Morgen werde ich dann definitv mal unseren Pool und den Fitnessraum ausprobieren, die Einladung zum Bier kam ja leider heute dazwischen. Vielleicht fahre ich morgen/heute ja noch einmal nach Kololo, da dort auch die skandinavischen Botschaften liegen, finde ich da ja die schwedische Ärztin (Insider).

Tag 6
Heute morgen dachte ich, die Welt ginge unter. Die Bauarbeiter, die in den letzten Tagen nebenan ein Gebäude errichtet hatten, rissen eine halbfertige Etage wieder ein und schütteten den Abraum aus der vierten Etagen durch einen Schlauch aus Eimern in eine Mulde. So einen Hällenlärm hätten sie ja meinetwegen unter der Woche veranstalten können, aber doch nicht an einem Samstag vor 8:00 Uhr.

Da wir dann sowieso schon wach waren, ging es dann wieder einmal ins Einkaufszentrum, vor allem um Wasser zu kaufen und weil ich Wäsche gewaschen haben wollte. Da habe ich den zweiten Schreck bekommen. Die nehmen Preise für die Reinigung – unglaublich! Und die Dame hat jedes Kleidungsstück einzeln in einer Liste vermerkt und ausführlich beschrieben. Also, das war mir eine Lehre. Die Unterwäsche werde ich demnächst selber in der Badewanne waschen.
Und da das mit der Kommunikation ja nicht so wirklich klappt, habe ich mir eine Prepaid-Card von MTN Uganda besorgt. Das ist gar nicht mal so teuer. Die SMS nach Deutschland kosten 120 Ush (0,06 EUR), die monatliche Grundgebühr 15 EUR, Mobiltelefone sind hier auch ein must. Es hat wirklich jeder eins in der Stadt. Als ich es dann ausprobieren wollte, lernte ich eine Besonderheit kennen: Die Deutsche Telekom hat Uganda beim Ausbau des Telefonnetzes beraten, und nun darf man drei Nullen für Deutschland vorwegwählen, also z.B. 00049 69 38998866. Darauf muß man erstmal kommen. Welch eine Glanzleistung, Glückwunsch liebe Telekom!

Tag 7
„Ich bin drin!“ Ich habe einen Email- und Internetanschluss und unserer Drucker kommt in drei Wochen... Jetzt macht das Arbeiten ein wenig mehr Spass. Apropos Drucker: Den kaufen wir uerbigens nur, weil die Schweden ein Mittelabflussproblem haben und bis zum Ende des Jahres ihr Budget aufbrauchen wollen. Die waren schon sauer, dass wir erst im Oktober starteten, weil wir in den drei Monaten nicht genug Kosten in Rechnung stellen koennen.

Heute Nacht habe ich meine Einstiegslektüre zu Ende gelesen „Despite good Intentions. Why Development Assistance to the Third World has failed“ von Thomas W. Dichter. Ich kann das Buch nur jedem ans Herz legen. Es öffnet Augen.